Bilder auf dem Rückzug
in die Nähe Artikel von Angelika Froh, erschienen im (K) Kulturmagazin
Michael Fröhlich,
ein "junger Wilder" aus Neustadt widmet sich in Kassel
ganz der "Menschenmalerei." Fasziniert von dem Motiv "Kopf"
macht der dreißigjährige Laut dem Türschild
verbirgt sich hinter der grauen Tür ein Aufenthalts- und Ruheraum
Momente des Bewahrens
Angelika Froh erschienen im (K) KulturMagazin 8. Jahrgang Ausgabe 78 - März 2002 Verlag M. Faste |
Auszug aus der Laudatio zu den Ankäufen von Michael Fröhlich u.a. der Dr. Wolfgang Zippel Stiftung; Neue Galerie Kassel, 8.9.1999
Es ist treffend und fordernd zugleich, meine Damen und Herren, wenn Beat Wyss in seinem Essay: "Die Welt als T-Shirt" feststellt, ich zitiere: "Die Aufgabe der Kunst im Zeitalter der Massenmedien ist die Sozialisierung von Sehen und Hören, was einer kulturellen Verlangsamung entspricht. Gegen die rasende Einsamkeit digitaler Paradiese stellen Kunst und Kunstvermittlung die Bodenhaftung her mit Menschen, die auch Zunge, Haut und Nase sind". Einer uniformen, visuellen Kultur auf Knopfdruck und den Folgen ihres Dauerkonsums entgegnet die bildende Kunst direkt und sinnlich, so wie ihre Produktion einem individuellen, eigenen Rhythmus gehorcht, ihre Präsentation auf konkretes Leben baut. Selbstverständlich bieten die neuen Technologien -die Etablierung der Videokunst bestätigt das nur- langfristig attraktive und innovative Erweiterungen. Derzeit allerdings stellt sich auch, weil durch die ständige Präsenz und ebensolchem Abruf elektronischer Bilderfluten provoziert, die Frage nach verändertem Sinn, ja Sinnverlust tradierter künstlerischer Genres. Mit dem diesjährigen Stiftungsankauf zum Schwerpunkt Malerei und den ausgewählten Werken von Peter Anders, Erika Breuer, Michael Fröhlich und Andrea Steen wird genau diese Diskussion aufgegriffen. Sie alle äußern sich präzise zu Bedeutung und Gehalt des unbewegten, konsequent wandbezogenen, in Herstellung und Wahrnehmung zeitintensiven Bildes. Das malerische Arbeiten von Michael Fröhlich (Jahrgang 71) thematisiert einen Klassiker, nämlich die Darstellung des Menschen. Der großzügig gestische Pinselduktus beschreibt jedoch keine physiognomischen Eindeutigkeiten, vielmehr werden intuitiv mentale Konstitutionen des Körpers umschrieben. Nicht der dezidierte festgelegte Entwurf, sondern vage Ideenskizzen erlangen im Stadium des Malens selbst ihre unmittelbare Umsetzung und damit Authentizität. Die flächig kompakten, mehrmals geschichteten Ölaufträge verdeutlichen in wenigen, bisweilen nur auf Primärfarben konzentrierten Valeurs einen expressiven Weg der Kompositionsfindung. In den letzten zwei Jahren entstanden mit der Reihe "N.N.", nomen nescio, ausschließlich Köpfe, losgelöst von jeglicher Ähnlichkeit oder gar Identität. Die als wesentlich geltenden Details eines Porträts Nase, Mund und Augen zeigen sich nur schemenhaft verzerrt und lediglich angedeutet. "N.N.", das sind Anonymas, in ihrer elementaren Mimik Reste des Figurativen. Analog zur kontrastreichen Farbgebung überlagert Geometrisches, als Umrahmung oder Gitter, als breite Horizontbalken die meist in Frontalansicht angelegten Köpfe. Trotz der kräftigen Buntheit wirken sie in ihrer überdehnten und blockierten Formation einsam, zumindest allein gelassen. Prototypisch dafür steht "79:80", wenn das Innenformat durch kräftige Querzonen am oberen und unteren Bildrand markiert den Titel abgibt. ....... Doris Krininger
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Auszug aus der Eröffnungsrede von Prof. Kurt Haug, anlässlich der Ausstellung "QUER" im Kulturhaus Dock 4, Kassel (1996) ...Die starkfarbigen Erscheinungen, die sie auf den Leinwänden Michael Fröhlichs wahrnehmen, sind in der Regel als mehr oder weniger menschenähnliche wesen zu identifizieren. Anfangs waren es vor allem Köpfe und Gesichter, die er aus ein paar impulsiv hingehauenen Farbflecken und Konturen entstehen ließ - oder deren Entstehung aus einer Malerei heraus er jedenfalls billigend in Kauf nahm. Natürlich konnten Sie unter den vielen Kopfformen und Physiognomien, die der junge Maler als angebliche Nebenprodukte seines Malprozesses hervorgebracht hat, nie jemanden bestimmtes wiedererkennen. Aber mehr als einmal fühlten Sie sich an Gesichtsausdrücke erinnert, die Ihnen schon einmal irgendwo, sei es in der Kunstgeschichte, im Comic-Heft oder wirklichem Leben, begegnet waren. Sind es vielleicht intuitiv erfasste Psychogramme seiner eigenen oder fremder Personen, die sich in solchen Bildern zu überraschender Anschaulichkeit verdichten? Er selbst lehnt auf Befragen jede Absicht zur Darstellung irgendeiner Seelenlage entschieden ab und bestreitet ebenso strikt, sich etwa gerade in ähnlicher Stimmung wie das soeben gemalte Monstrum zu befinden. Denn monströs, gemessen am natürlichen Menschengesicht, sind diese wesen nun wirklich alle, wenn auch ihre Ausstrahlung nicht generell als beängstigend unfreundlich bezeichnet werden muß. Michael Fröhlich gibt indessen gar nichts außer seiner Lust am freien malerischen Gestalten der Bildfläche zu. So ganz können Sie ihm die Rolle des unschuldigen Mediums nicht abnehmen, denn warum müssen es immer wieder Gesichter sein, so roh und rudimentär sie auch ausgestattet sind mit Auge, Nase und Mund? Oder neuerdings, diese seltsam verrenkten Figuren mit den meist viel zu dünnen Armen, die er unter dem Begriff Aerobic auftreten lässt? Warum dieses auffallend kontinuierliche Arbeiten an einer Art Menschenbild, wenn es eigentlich bloß um eine anspruchsvolle Malkultur gehen soll?....... Veröffentlicht in "prisma" Nr. 54/1996 ISSN: 0171-3604 |